Zum Inhalt oder zum Footer

Anrechnung von leistungen Dritter

Veröffentlicht:
30.03.2021
Kanton:
Aargau
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Mein Klient (Jg. 1959) lebt bei seiner Mutter zur Untermiete. Nachdem der Hausarzt der Mutter eine Gefährdungsmeldung beim Familiengericht eingereicht hat, weil die Mutter darüber klagte, der Klient beziehe regelmäsig hohe Geldbeträge von ihr, wurde meine Kollegin mit der Abklärung betreffend der Situation der Mutter beauftragt.

Ich wiederum musste abklären, ob der Klient tatsächlich zusätzliche Einnahmen zur Sozialhilfe hat.

Er hat mir demnach die Kontoauszüge von seiner Kreditkarte (Karte lautend auf seinen Namen, laufend über das Konto der Mutter) eingereicht. Denen zu Folge hatte er Ausgaben zwischen CHF 200 und CHF 700 in den letzten 6 Monaten. Er macht geltend, das meiste seien Anschaffungen für den gemeinsamen Haushalt gewesen (Ausgaben im Coop oder Migros). Tatsächlich ist es schwer, zu beweisen, welche Ausgaben er für sich selber und welche für beide Personen tätigte.

Die Mutter kann gemäss Abklärungen im Intake keine Verwandtenunterstützung leisten, sie lässt ihn wohl aber durchaus von ihrem Geld mitleben.

Ich bin mir jetzt nicht sicher, wie ich diese Leistungen anrechnen kann. Ist es schikanierend, wenn nun der Grundbedarf gekürzt wird, weil er diese eigentlichen Einnahmen nie angegeben hat und er angewiesen wird, in Zukunft monatlich den Kontoauszug von dieser Kreditkarte einzureichen, mit einer klaren Bezeichnung, welche Ausgaben für den gemeinsamen Haushalt sind? Oder kann ich das von ihm verlangen?

 

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Abend Frau Jakob

Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Ich hoffe, es geht Ihnen gut.

Laut Ihren Angaben kann als erstellt betrachtet werden, dass der Klient in den letzten 6 Monaten monatlich Geldbeträge von mehreren hundert Franken (200 – 700 Fr.) vom Konto seiner Mutter bezogen hat. Er räumt soweit ein, dass mit diesen Beträge Haushaltsausgaben für seine Mutter und ihn bestritten wurden. An sich wäre dies mit der Mutter zu verifizieren. Das dürfte u.U. nicht so einfach sein. Dass der Klient bei Coop und Migros für beide eingekauft, scheint nicht gerade abwegig. So finde ich es vertretbar, im Sinne des Kopfteilungsprinzip davon auszugehen, dass er entsprechend seinem Eingeständnis zumindest die Hälfte des Geldes zur Deckung seiner Haushaltskosten eingesetzt hat. Wenn der Klient seiner Mutter diese Beträge nicht mit Ausgleichszahlungen erstattet hat (was zu klären wäre), hat er in diesem Umfang von ihr Zuwendungen erhalten.

Da diese Zuwendungen im Verlauf der Unterstützung zugeflossen sind, stellen diese Einnahmen dar (vgl. dazu Handbuch Soziales Kap. 10.10), die an die wirtschaftliche Hilfe anzurechnen gewesen wären (sofern der Klient, wie gesagt, keine Ausgleichszahlungen geleistet hat). Eine Ausnahme kann davon gemacht werden, wenn mit diesen Zuwendungen Kosten gedeckt wurden, welche die Sozialhilfe mit zusätzlichen situationsbedingten Leistungen hätte finanzieren müssen. Hat aber der Klient damit Ausgaben des Grundbedarfs finanziert, gelten diese Zuwendungen als anrechenbare Einnahmen. Diesen Punkt sollten Sie mit dem Klienten klären, sofern dies nicht bereits klar ist.

Sind die Zuwendungen als anrechenbare Einnahmen zu betrachten, hat der Klient in diesem Umfang zu viel wirtschaftliche Hilfe bezogen und ist gemäss § 3 SPG AG zur Rückerstattung wegen unrechtmässigen Bezugs verpflichtet. Da er darüber hinaus auch eine Meldepflichtverletzung begangen hat, wäre auch eine Kürzung gemäss §  13b SPG zu prüfen, sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind (missachtete Auflage/vorgängige Androhung Konsequenzen).

Entpuppen sich die Zuwendungen als nicht anrechenbar, erübrigen sich sowohl eine Rückerstattung als auch eine Kürzung.

Ein Sonderfall wäre, wenn dem Klienten ein strafrechtlich relevantes Verhalten z.B. eine Veruntreuung vorzuwerfen wäre. In diesem Fall wäre es aus meiner Sicht unzulässig, diese Bezüge als Zuwendungen zu betrachten, da deliktisches Einkommen kein Vorrang gegenüber wirtschaftlicher Hilfe zukommt und solches der geschädigten Person ohnehin zurückzuerstatten wäre.

Da diese Bezüge somit eine Relevanz für die Sozialhilfe haben können, ist der Klient verpflichtet, darüber Rechenschaft abzulegen. Eine mögliche Lösung wäre, den Klienten anzuhalten, inskünftig der Mutter die für ihn getätigten Ausgaben monatlich mit Ausgleichszahlungen zu erstatten. Mutter und Klient könnten sodann die Richtigkeit der Angaben bestätigen.

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder