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Anrechnung von EL-Rückerstattungen

Veröffentlicht:
08.01.2021
Kanton:
Luzern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Meine Klientin (ich bin die Beisätndin) machte von November 2019 bis August 2020 eine Ausbildung und erhielt während dieser Zeit eine Halbwaisenrente sowie Ergänzungsleistungen. Seit September 2020 wird sie im Kanton Luzern mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt. Während der Ausbildung wurde sie durch den Sozialdienst der Gemeinde mit einer freiwilligen Einkommensverwaltung unterstützt, seit Sommer 2020 besteht eine Beistandschaft.

  1. Wir haben rückwirkend für die Zeit von November 2019 bis August 2020 die Gesundheitskosten bei der EL geltend gemacht. Die Auszahlung der EL erfolgte erst im Dezember 2020. Ist es korrekt, dass  der volle Betrag der Rückerstattungen (rund Fr. 800.-) bei der WSH als Einnahmen eingerechnet wird?
  2. Von der Krankenkasse wurde ebenfalls im Dezember 2020 der Prämienverbilligungsüberschuss von November 2019 bis August 2020 ausbezahlt (rund Fr. 465.-). Ist es auch korrekt, dass dieser Betrag als Einnahmen bei der WSH angerechnet wird?
  3. Da meine Klientin nun WSH bezieht, wurde rückwirkend für das Jahr 2020 ein Erlass für die NE-Beiträge verfügt. Die bereits einbezahlten Beiträge (Fr. 252.-), welche während dem Bezug der Hinterlassenenrente und der EL einbezahlt wurden, wurden im Dezember 2020 zurückerstattet. Darf die WSH auch diesen Betrag als Einnahmen anrechnen?

Vielen Dank für Ihre Einschätzung.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Häfliger

Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Gemäss Ihren Angaben hat Ihre Klientin folgende Leistungen der Sozialhilfe bezogen:

Periode 1: Vom 11.2019 bis 8.2020 freiwillige Einkommensverwaltung als persönliche Hilfe gemäss § 25 Abs. 1 lit. c SHG Kanton Luzern (SHG LU)

Periode 2: Seit 9.2020 wirtschaftliche Hilfe gemäss § 27 SHG LU

Nun zu Ihren Fragen zur Anrechnung folgender Einnahmen:

1.     Rückerstattung Krankheitskosten durch die EL für die Periode 1: Damit die Sozialhilfe Nachzahlungen von den EL gemäss § 38 Abs. 4 SHG LU verrechnen kann, muss sie für die gleiche Zeit wirtschaftliche Hilfe erbracht haben – im Sinne der Bevorschussung. D.h. die Rückerstattung aufgrund Verrechnung ist bei zeitlicher Kongruenz der Leistungen zulässig. Das ist bei Ihrer Klientin nicht der Fall, da sie in der betreffenden Periode keine wirtschaftliche Hilfe bezogen hat. Hingegen ist es so, dass sie aktuell (Periode 2) wirtschaftliche Hilfe bezieht. Aufgrund des Zuflussprinzips gelten alle finanziellen Zuflüsse während der Unterstützung als Einnahmen (siehe dazu Guido Wizent, Sozialhilferecht, alphaius, Dike 2020, Rz. 616 ff.). Diese gehen der wirtschaftlichen Hilfe im Sinne des Subsidiaritätsprinzips vor. Das gilt auch für die Rückerstattung der Krankheitskosten durch die EL aus vergangener Zeit. D.h. die Sozialhilfe darf diese Einnahmen im nächsten Monatsbudget anrechnen (bei verspäteter Meldung wäre eine Rückerstattung aus unrechtmässigem Bezug nach § 39 SHG LU zulässig). Eine Ausnahme von dieser Anrechnung wäre denkbar, wenn die Klientin für die Bezahlung dieser Krankheitskosten – ich nehme an, es geht um ihre Eigenbeteiligung nach KVG – nachweislich Schulden bei Dritten machen musste oder in diesem Umfang noch offene Rechnungen bei den behandelnden ÄrztInnen hat. In diesem Fall wäre es nicht sachgerecht, wenn die Sozialhilfe die Rückerstattung im Budget anrechnen würde. Sie müsste es der Klientin belassen, damit sie die offenen Forderungen begleichen könnte (siehe dazu auch Wizent, a.a.O., Rz. 620).

2.     Auszahlung Überschuss Differenz EL-Prämienpauschale und effektive Prämie Krankenversicherung für die Periode 1: Auch für diese Frage gilt das Gleiche, wie vorhin ausgeführt. Einzig für die Ausnahme vom Zuflussprinzip bei früheren Schulden sehe ich keine Basis. Denn die Krankenkassenprämie, wofür die Prämienpauschale der EL, ausgerichtet wurde, ist mit diesem Überschuss mehr wie gedeckt. Es bestehen mit anderen Worten keine offenen Forderungen aus der vergangenen Periode.

3.     Rückerstattung erlassener AHV-Beiträge als Nichterwerbstätige, welche im Jahr 2020 während der Periode 1 beglichen wurden: Hier stellt sich für mich die Frage, ob diese Rückerstattung nicht der EL zusteht. Denn nach Art. 10 Abs. 3 lit. c ELG ist die EL für die AHV-Beiträge aufgekommen (vgl. Rz. 3280.01 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL; gültig 2021 ohne veränderte Rechtslage in dieser Frage) . Falls die EL diese erlassenen Beträge nicht beansprucht – das wäre mit der zuständigen Ausgleichskasse zu klären -, würde dasselbe gelten wie bei 2.

Für Ihre Frage kann ich Ihnen das beiliegende Urteil des Luzerner Verwaltungsgerichts vom 5.11.15 empfehlen. Die Erwägung 4.3 behandelt eine vergleichbare Frage wie Ihre Fragen. Auch wird vom Gericht schön aufgezeigt, wann nicht von Einnahmen – wie hier -, sondern von Vermögen ausgegangen werden muss, nämlich wenn Vermögen, das vor Unterstützungsbeginn bestand, durch sogenannte Surrogate (Schadenersatzzahlungen) ersetzt wird. In diesen Fällen käme der Vermögensfreibetrag zum Zuge, sofern er zu Beginn der Unterstützung nicht ausgeschöpft wurde (Erw. 3.1.4.2 ff.).  

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder

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