Guten Tag
Gerne gelange ich mit nachfolgender Anfrage an Sie:
Mein KL wird sozialhilferechtlich unterstützt. Er lebt mit seiner Lebenspartnerin, Frau X., im selben Haushalt (kein gemeinsames Kind, aber stabiles Konkubinat), weshalb Frau X. im Rahmen der erweiterten SKOS-Richtlinien einen Konkubinatsbeitrag leisten muss (monatliche Auszahlung an meinen KL beläuft sich auf circa Fr. 300.00). Frau X. wird sich einer Operation unterziehen, bei welcher sie Brustimplantate heraus nehmen muss, weil sich ihre Brust verhärtet hat und sich erneut eine Brust machen lässt (dass sie die Implantate heraus nehmen sollte, ist auch medizinisch indiziert). Durch die Krankenkasse wird circa die Hälfte der Kosten übernommen, für einen Selbstanteil von rund Fr. 6'000.- muss Frau X. selbst aufkommen. Sie habe jahrelang für die OP gespart, womit sie (zumindest einen Teil) dieses Selbstbehalts aus ihrem Vermögen bezahlen kann - insbesondere seit Frau X. einen Konkubinatsbeitrag leisten muss, kann sie jedoch nichts mehr ansparen. Es stellt sich uns nun die Frage, ob und wenn ja inwiefern die Kosten dafür dem erweiterten SKOS-Budget angerechnet werden dürfen?
- Wenn sie die Kosten auf einmal bezahlt: nur ins laufende Monatsbudget einrechnen oder Mehrausgaben in den folgenden Monaten einrechnen?
- Bei Ratenzahlung: Betrag der monatlichen Rate im Budget einrechnen?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Zoe Amiet
Frage beantwortet am
Anja Loosli Brendebach
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Amiet
Vielen Dank für Ihre interessante Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
In der Verordnung über die Richtsätze für die Bemessung der materiellen Hilfe nach dem Sozialhilfegesetz (BGS 831.0.12) wird festgehalten, dass die von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe über die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe verföffentlichten Richtsätze für die Bemessung der materiellen Hilfe an bedürftige Personen Referenzwert haben (Art. 22a Sozialhilfegesetz FR [SHG FR])..In Art. 17 derselben Verordnung wird präzisiert, dass die Richtlinien der SKOS für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe gelten, falls die Bereiche in dieser Verordnung nicht anders geregelt werden. Betr. der Berechnung des Konkubinatsbeitrags finden sich keine Regelungen in der fraglichen Verordnung. Es kommen deshalb die SKOS-Richtlinien zur Anwendung. Dies wird auch im Verzeichnis der SHG-Richtlinien zum Thema stabiles Konkubinat so festgehalten.
In Kapitel F.5.3 der SKOS-Richtlinien wird geregelt, dass im stabilen Konkubinat Einkommen und Vermögen des nicht unterstützten Konkubinatpartners angemessen zu berücksichtigen sind. Der Konkubinatsbeitrag werde mittels erweitertem SKOS-Budget berechnet. Wie das erweiterte SKOS-Budget zu berechnen ist, ist in Kapitel H.10 der SKOS-Richtlinien geregelt. Danach werden als Ausgaben der pflichtigen Person auch ausgewiesene, bezifferbare situationsbedingte Leistungen berücksichtigt.Um Gesundheitskosten im engeren Sinn der Sozialhilfe handelt es sich vorliegend nicht, denn diese setzen sich aus der obligatorischen Grundversicherung und einer Pauschale für die Franchise und den Selbstbehalt zusammen. Gerade diese Grundkosten werden auch vorliegend von der Krankenkasse übernommen, wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe.
In Kapitel C.1.4 der SKOS-Richtlinien wird betreffen situationsbedingten Leistungen in Bezug auf die Gesundheit festgehalten, dass es Leistungen und Kosten gibt, die über die medizinische Grundversorgung gemäss KVG hinausgehen, jedoch im konkreten Einzelfall sinnvoll, nutzbringend und ausgewiesen sind. Zwingend zu vergüten sind nur Hilfsmittel, Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause oder in Tagesstrukturen und der Transport zur nächstgelegenen Behandlungsstelle. Alle anderen Kosten sind im Einzelfall zu prüfen.
Vorliegend handelt es sich offenbar um eine Brustoperation, die teilweise gesundheitlich bedingt ist (diesen Kostenanteil übernimmt denn auch die Krankenversicherung. So habe ich den Sachverhalt verstanden). Teilweise scheint die Operation aber auch aus ästhetischen Gründen zu erfolgen. In der Lehre wird die Meinung vertreten, dass z.B. eine Diät zum Zweck der ästhetischen begründeten Gewichtsreduktion von der Sozialhilfe nicht zu übernehmen ist. Ebenfalls ist mir ein Entscheid der Basler Sozialhilfe bekannt, bei dem die Kosten für eine Nasenoperation nicht übernommen wurden, soweit der Eingriff ästhetischer Natur war.
Daraus folgt für mich im von Ihnen geschilderten Fall, dass die Konkubinatspartnerin wohl nur dann Chancen hat, dass die nicht von der Krankenkasse übernommenen Operationskosten bei der Berechnung des Konkubinatbeitrags als Ausgaben in Form von situationsbedingten Leistungen anerkannt werden, wenn sie mit medizinischen Unterlagen belegen kann, dass der Eingriff nicht nur ästhetischen Zielen dient bzw. die noch offenen Kosten nicht nur aus ästhetischen Gründen entstehen, sondern eben auch medizinisch zumindest sinnvoll sind. Ich empfehle Ihnen bzw. der Konkubinatspartnerin Ihres Klienten deshalb, entsprechende medizinische Unterlagen erhältlich zu machen und diese bei der Sozialhilfe einzureichen mit dem Gesuch um Berücksichtigung der Operationskosten.
Falls dieses Gesuch bewilligt und die Operationskosten berücksichtigt werden, dann macht es meiner Ansicht nach tatsächlich Sinn, wenn die Kosten ratenweise bezahlt werden, damit die Sozialhilfe mit Bestimmtheit die Aufwendungen über einen längeren Zeitraum berücksichtigt.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach