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Anrechnung Lehrlingslohn an die Finanzierung der Platzierungskosten

Veröffentlicht:
08.06.2021
Kanton:
Solothurn
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Im Kanton Solothurn werden die stationäre Aufenthalte durch die Sozialhilfe finanziert. 

Mit einem KESB-Entscheid wurde veranlasst, dass eine minderjährige Person (14 Jahre) in eine Pflegefamilie platziert wurde. Heute ist die Person 16 Jahre alt und beginnt im Sommer 2021 eine Ausbildung als Maurer. 

Auch während der Ausbildung wird die Person in der Pflegefamilie bleiben und die Kosten der Platzierung werden über die Sozialhilfe finanziert. 

Aktuell zahlen wir ein Taschengeld von CHF 300.00. Im Sommer wird er einen Lehrlingslohn erhalten, welcher wahrscheinlich höher ist als der Taschengeldbetrag. Ein Elternbeitrag kann nicht geleistet werden, da diese über zu wenig Einnahmen verfügen.

Muss der Lehrlingslohn für die Platzierungskosten angerechnet werden und es wird weiterhin ein Taschengeld mit IZU/Fahrtkosten an die Person ausbezahlt? Oder darf die erwerbstätige Person den Lehrlingslohn behalten und es wird kein Taschengeld bezahlt?

Besten Dank für die Antwort.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Schwab

Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:

Nach § 151 Abs. 1 des Sozialgesetzes des Kantons Solothurn (SG, SGS 831.1) gelten Massnahmen des Kindes- und Erwachsenenschutzes sowie Betreuungsmassnahmen und Heimaufenthalte von verhaltensauffälligen Menschen ohne IV-Anspruch unter Vorbehalt der Spezialgesetzgebung als Sozialhilfeleistung, unabhängig davon, ob sie vom Kanton oder den Einwohnergemeinden finanziert werden.

Daraus folgt, dass die Kosten für die Platzierung der von Ihnen genannten minderjährigen Person als Sozialhilfekosten gelten und deshalb die Regeln zur Berechnung von Sozialhilfeleistungen zur Anwendung gelangen.

Nach § 152 Abs. 1 SHG richtet sich die Bemessung der Sozialhilfeleistungen grundsätzlich nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für öffentliche Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien). Der Regierungsrat kann Ausnahmen von der generellen Anwendbarkeit der SKOS-Richtlinien festlegen.

Nach Kapitel D.1 der SKOS-Richtlinien werden bei der Bemessung von finanziellen Leistungen der Sozialhilfe alle verfügbaren Einnahmen berücksichtigt, wobei die Einnahmen von Minderjährigen im Gesamtbudget des Haushalts nur bis zur Höhe des auf diese Personen entfallenden Anteils anzurechnen sind. In den Praxishilfen der SKOS-Richtlinien findet sich auch ein Beispiel, gemäss dem der Lehrlingslohn als Einnahme anzurechnen ist.

Daraus folgt, dass der Lehrlingslohn grundsätzlich als Einnahme anzurechnen ist.

Nun stellt sich daran anschliessend die Frage, ob ein Einkommensfreibetrag oder eine Integrationszulage zu gewähren ist.

Nach Kapitel D.2 der SKOS-Richtlinien wird auf Erwerbseinkommen aus dem ersten Arbeitsmarkt ein Freibetrag (EFB) gewährt. Ausnahmen können vorgesehen werden. Aus den Erläuterungen zu Kapitel D.2 SKOS-Richtlinien geht hervor, dass in zahlreichen Kantonen Lernende von einem Einkommensfreibetrag ausgenommen werden und ihnen eine Integrationszulage (IZU) gewährt wird. Der Kanton Solothurn sieht in § 93 Abs. 1 lit. h der Sozialverordnung (SV, SGS 831.2) vor, dass Lehrlingslohn und Entschädigung für ein Praktikum nicht zu einem Einkommensfreibetrag berechtigen (kein Erwerbseinkommen des ersten Arbeitsmarkts). Das Sozialhilfehandbuch verdeutlicht, dass zur Honorierung eine IZU gewährt werde. Die Höhe der IZU beträgt Fr. 100.-- (§ 93 Abs. 1bis Bst. c SV).

Daraus folgt, dass den Lernenden eine IZU von Fr. 100.-- zu gewähren ist.

Nun stellt sich noch die Frage nach dem «Taschengeld». Ist ein solches neben der IZU auszubezahlen?

Diese Frage ist klar zu bejahen. Die Pflegefamilie kann rechtlich einer stationären Einrichtung gleichgesetzt werden. Personen in stationären Einrichtungen erhalten im Kanton Solothurn für persönliche Auslagen monatlich Fr. 300.-- (§ 93 Abs. 1 Bst. n SV).

Zur Präzisierung: Der betroffenen Person soll das Taschengeld von Fr. 300.-- zuzüglich dem IZU von Fr. 100.-- zur Verfügung stehen, total also Fr. 400.--.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach