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Anrechnung Hypothekarkosten und Nebenkosten bei nicht selber bewohnten Wohneigentum

Veröffentlicht:
22.10.2025
Kanton:
Wallis
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich gelange mit folgender Fallsituation an Sie:

Der Klient, welcher Sozialhilfe benötigt, lebt aktuell in einer Mietwohnung. Die Person hat aber auch noch eine Eigentumswohnung, welche vermietet wird. Aus diversen Gründen ist es ihm nicht möglich in seine Eigentumswohnung zu ziehen. Die kantonale Dienststelle für Sozialwesen verlangt deshalb den Verkauf der Eigentumswohnung und gewährt dem Klienten eine Frist um den Verkauf zu veranlassen.

Während der Sozialhilfeunterstützung müssen die Mieteinnahmen (gemäss Kapitel 20 der kantonalen Weisung) vollumfänglich im Sozialhilfebudget angerechnet werden. Die Dienststelle für Sozialwesen erklärt jedoch, dass die Hypothekarkosten, sowie die Nebenkosten nicht als Aufwand ins Sozialhilfebudget angerechnet werden dürfen.

In ihrer Begründung verweisen sie unter anderem darauf: Diese Beträge, die nicht von der Sozialhilfe bezahlt werden können, werden indirekt das Interesse am Verkauf des Eigentums fördern.

Ausserdem beziehen sie sich auf Kapitel 18.2.4 der Weisung zur Ausführung des GES, welches folgendes besagt:

18.2.4 Mietzins von Personen mit Wohneigentum

Sozialhilfeempfänger können nur in Ausnahmefällen Immobilieneigentümer bleiben. Bei Personen, die in ihrem Wohneigentum wohnen, übernimmt die materielle Hilfe die Hypothekarzinsen an Stelle des Mietzinses, die üblichen Nebenkosten und die unabdingbaren Reparaturkosten. 

Die Sozialhilfebehörde nimmt den Betrag der Hypothekarzinsen an Stelle eines Mietzinses sowie die Nebenkosten in das Budget auf, soweit diese Beträge die Höhe des gemäss den kommunalen Ansätzen zugelassenen Mietzinses nicht übersteigen. Die mit dem Gebäude verbundenen Versicherungen werden zusätzlich berücksichtigt.

Da die Rückzahlung von Schulden nicht als Ausgabe der materiellen Hilfe anerkannt wird, wird die Tilgung der Hypothekarschuld grundsätzlich nicht in das Budget der Person aufgenommen; sie hat die Aussetzung dieser Zahlung zu beantragen. 

Aus unserer Sicht ist eine Bezahlung des Hypothekarzinses sowie der Nebenkosten nicht einer Schuldentilgung gleichzusetzen.

Vielen Dank für die Prüfung dieser Anfrage.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Frage, die ich gerne folgendermassen beantworte:

Art. 28 Abs. 3 des Gesetzes über die Eingliederung und die Sozialhilfe (GES) hält fest, dass  Art, Ausmass und Dauer der materiellen Hilfe dem Subsidiaritätsprinzip und der Situation aller Personen einer Unterstützung gerecht werden müssen. In Art. 30 GES wird die Subsidiarität definiert. Demgemäss sind sämtliche finanzielle Mittel der unterstützten Personen zu berücksichtigen. Ein Ausfluss daraus ist Art. 55 GES. Gemäss Abs. 1 haben Eigentümer von beweglichem und unbeweglichem Vermögen grundsätzlich keinen Anspruch auf materielle Hilfe. Eigentümern eines Immobilienvermögens kann nach Abs. 2 ausnahmsweise materielle Hilfe gewährt werden, wenn der Verkauf der Immobilie nicht gerechtfertigt ist oder kurzfristig schwierig erscheint. Die Sozialhilfe wird dann nur bevorschusst und muss im Umfang des vorhandenen Vermögens zurückbezahlt werden. Zur Sicherstellung der Rückerstattung der gewährten Vorschüsse kann nach Abs. 3 eine Sicherstellungshypothek verlangt werden, ansonsten keine Unterstützungsleistungen ausbezahlt werden müssen.

Da der Klient vorliegend offenbar über Grundeigentum verfügt, das er veräussern muss, wird er nur bevorschussend unterstützt und wird die Unterstützungsleistungen nach Veräusserung des Grundstücks zurückerstatten müssen. Idealerweise ist die Bevorschussung mit einer Sicherstellungshypothek gesichert. In diesem Fall läuft die Sozialhilfe grundsätzlich nur dann Gefahr, die bevorschussten Leistungen nicht zurückerstattet zu erhalten, wenn der Gewinn aus dem Verkauf sehr klein ist. Bereits aus diesem Grund erscheint die Berücksichtigung des Hypothekarzinses und der Nebenkosten als Ausgaben unter den obgenannten Voraussetzungen kein finanzielles Risiko für die Sozialhilfe zu sein.

Aus meiner Sicht gibt es aber weitere Gründe, die es sinnvoll erscheinen lassen, dass die Sozialhilfe den Hypothekarzins und die Nebenkosten bei vermietetem Grundeigentum übernimmt bzw. diese vielmehr als Ausgaben berücksichtig, auch wenn ich keine ausdrückliche Regelung in den Weisungen gefunden habe. So besagt das von Ihnen erwähnte Kapitel 18.2.4 (Mietzins von Personen mit Wohneigentum), wie Sie richtig schreiben, dass die Sozialhilfe den Hypothekarzins und die Nebenkosten zu übernehmen hat. Zwar ist in diesem Kapitel selbstbewohntes Wohneigentum gemeint. Weshalb dies bei nicht selbst bewohnten Liegenschaften anders sein soll, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Insbesondere dann nicht, wenn der Hypothekarzins und die Nebenkosten von der unterstützten Person nachweisbar bezahlt werden und ihr deshalb nicht zur Verfügung stehen.

Schliesslich wird in Art. 28 Abs. 5 GES festgehalten, dass die Normen vom Staatsrat unter Berücksichtigung der Empfehlungen der SKOS festgelegt würden. Die SKOS hat ein Merkblatt mit dem Titel «Liegenschaftsbesitz im In- und Ausland». In Ziffer 4 wird das Thema «Vermietung» von Liegenschaften besprochen. Unter Ziffer 4.2 (Vorgehen) steht ausdrücklich, dass bei der Vermietung von Grundeigentum der Mietzins als Einnahme anzurechnen ist und die Liegenschaftskosten als Ausgabe im Budget zu berücksichtigen sind.

Die Argumentation, dass Hypothekarzinsen und Nebenkosten Schulden darstellen und deshalb nicht von der Sozialhilfe berücksichtigt werden können, scheint mir jedoch für diese Zinsen und Nebenkosten angezeigt, für die bereits vor der Unterstützung eine Rechnung gestellt wurde und die damit im rechtlichen Sinne bei Unterstützungsaufnahme bereits Schulden darstellten.

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort helfen zu können.

Freundliche Grüsse