Sehr geehrter Herr Pärli
Bis anhin wurden Mitarbeitenden (öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis), die zur Ausübung ihrer Funktion auf ein Handy angewiesen waren, ein solches vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Neben den Kosten für die Geräte übernahm der Arbeitgeber auch die Kosten für die entsprechenden Abonnemente. Die Abonnemente waren auf den Namen des Arbeitgebers abgeschlossen.
Neu ist vorgesehen, dass die Arbeitnehmenden mit einem Pauschalbetrag entschädigt werden, mit dem die Arbeitnehmenden die Handys anschaffen und für die Verbindungskosten aufkommen müssen. Dazu sollen die bestehenden Abonnemente durch den Arbeitgeber gekündigt werden und es wird erwartet, dass die Arbeitnehmenden entweder auf ihre Namen lautende neue Abonnemente abschliessen oder ihre privaten Nummern für geschäftliche Zwecke zur Verfügung stehen. Die Ausrichtung einer Entschädigung für die Anschaffung der Geräte und die anfallenden Verbindungskosten ist sicher zulässig (Art. 327 OR). Es stellt sich mir allerdings die Frage, ob vom Arbeitgeber verlangt werden darf, dass Arbeitnehmende ein auf ihren Namen lautendes Abonnement abschliessen bzw. eine SIM-Karte kaufen oder ihre private Nummer zur Verfügung stellen, um damit ihre vom Arbeitgeber verlangte Erreichbarkeit zu ermöglichen?
Besten Dank für Ihre Einschätzung.
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrter Herr Schmid
Sie erwähnen, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Anstellung handelt. Bei dieser Ausgangslage ist zu fragen, auf welcher rechtlicher Grundlage die Arbeitgeberin die bisherige Praxis stützte und welches die rechtliche Grundlage der neuen Praxis ist. Falls das einschlägig anwendbare öffentliche Personalrecht zu dieser Frage keine Regelung vorsieht, ist auf die Bestimmungen im OR zurückzugreifen. Einschlägig ist hier zu - wie Sie richtig erwähnen - Art. 327 OR. Die Bestimmung hält fest:
VI. Arbeitsgeräte, Material und Auslagen
1. Arbeitsgeräte und Material
1 Ist nichts anderes verabredet oder üblich, so hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit den Geräten und dem Material auszurüsten, die dieser zur Arbeit benötigt.
2 Stellt im Einverständnis mit dem Arbeitgeber der Arbeitnehmer selbst Geräte oder Material für die Ausführung der Arbeit zur Verfügung, so ist er dafür angemessen zu entschädigen, sofern nichts anderes verabredet oder üblich ist.
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Art. 327a OR
2. Auslagen
a. im Allgemeinen
1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen, bei Arbeit an auswärtigen Arbeitsorten auch die für den Unterhalt erforderlichen Aufwendungen.
2 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann als Auslagenersatz eine feste Entschädigung, wie namentlich ein Taggeld oder eine pauschale Wochen- oder Monatsvergütung festgesetzt werden, durch die jedoch alle notwendig entstehenden Auslagen gedeckt werden müssen.
3 Abreden, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise selbst zu tragen habe, sind nichtig.
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Was heisst dies für den vorliegenden Fall:
Art. 327 Abs. 1 OR hält klar fest, dass der Arbeitgeber Arbeitsgeräte zur Verfügung stellen muss, es sei denn, die Parteien hätten etwas Anderes verabredet. Für eine Abrede bedarf es immer zwei Mitwirkende, also hier die Arbeitgeberin und den Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin muss demzufolge Arbeitsgeräte zur Verfügung stellen, die zur Arbeitsausführung benötigt werden, wenn der Arbeitnehmer nicht mit der "Abrede" einverstanden ist.
Allerdings hält Art. 327 Abs. 1 OR auch fest, dass mangels Abrede auch zu prüfen ist, ob es "üblich" ist, dass der Arbeitnehmer selber ein Arbeitsgerät für die Arbeit zur Verfügung stellt. Dass heute praktisch alle ein Mobiltelefon haben, spricht dafür. Allerdings wollen Arbeitnehmende vielleicht nicht, dass ihre private mobile Nr. im geschäftlichen Umfeld bekannt wird. Das gilt es vom Arbeitgeber zu respektieren (Art. 328 OR; Pflicht der Arbeitgeberin, die Persönlichkeit der Arbeitnehmer zu achten und zu schützten)
Als Zwischenergebnis ist deshalb festzuhalten: Soweit der Arbeitnehmer damit einverstanden ist (Abrede), ist es zulässig, dass der Arbeitnehmer sein privates Telefon im geschäftlichen Kontext nutzt. Wenn der Arbeitnehmer dies nicht will, so muss dies vom Arbeitgeber respektiert werden. Will der Arbeitgeber, dass sein Arbeitnehmer über ein Mobiltelefon erreichbar ist, muss der (der Arbeitgeber) dem Arbeitnehmer ein solches zur Verfügung stellen.
Bezüglich Kosten: Wenn der Arbeitnehmer sein Mobiltelefon zur Verfügung stellt, so muss der Arbeitgeber die geschäftsbedingten Kosten übernehmen, also Abo-Kosten plus Amortisation & Reparaturkosten des Telefons (siehe Art. 327 Abs. 2 OR und Art. 327a OR).
Nochmals erinnere ich daran, dass meine Aussagen für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse Gültigkeit haben. Auf welche Basis der konkrete öffentlich-rechtliche Arbeitgeber seine neue Praxis stellt, müsste erfragt werden.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und besten Grüssen
Kurt Pärli