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Anpassung Arbeitsverhältnis (im Anschluss an die Anfrage vom 5.5.17)

Veröffentlicht:
28.08.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag Herr Pärli
Meine Anfrage bezieht sich auf meine Schilderung vom 5.5.17, bzw. ihre Antwort vom 7.5.17.
Frau X. hat ihrem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt, dass sie mit dem geplanten Vorgehen bzgl. Pensenreduktion und Umwandlung vom Monats- in Stundenlohn per Juli 2017 nicht einverstanden ist. Daraufhin hat die Kündigung per 31.8.17 ausgesprochen. Frau X. ist weiterhin 20% krankgeschrieben und ihr Arbeitgeber hat sie für Einsätze im Umfang von ca. 60% eingeplant (gemäss Arbeitsvertrag hat sie ein 80% Pensum).
Ab Juli hat er ihr nun lediglich einen Lohn auf Stundenlohnbasis ausbezahlt. Die 20%, die bisher die Krankentaggeldversicherung ausgerichtet hat, erscheinen nicht mehr auf der Lohnabrechnung.
Ist es rechtens, dass der Arbeitgeber sich auf die "Bestätigung" stützt und das Arbeitsverhältnis per Juli 17 offensichtlich angepasst hat, obwohl Frau X. ihm ausdrücklich mitgeteilt hat, dass sie damit nicht einverstanden ist? Wie könnte sie weiter vorgehen?
Würde es Sinn machen, den Lohnausfall infolge Krankheit (20%) direkt bei der Krankentaggeldversicherung einzufordern?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung!

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Kayser
Besten Dank für die Schilderung der weiteren Entwicklung im Fall gemäss Anfrage vom 5.5.2017 und ihre erneute Frage.
Offensichtlich stellt sich die Arbeitgeberin auf den STandpunkt, dass die Vertragsanpassung auf Juli 2017 rechtmässig ist, da ihre Klientin einverstanden war. Meines Erachtens ist jedoch die Vertragsänderung im vorliegenden Fall von beiden Parteien zu unterzeichnen, da es sich um eine Vertragsverschlechterung handelt. Ihre Klient hat gemäss ihren Angaben nichts unterzeichnet (Ihre Arbeitgeberin wird sich auf den Standpunkt stellen, die Bestätigung genüge, da diese den gemeinsamen Willen abdecke). Kurz und gut: Man sich auf den Standpunkt stellen, die Vertragsanpassung per 1. Juli sei nicht rechtmässig und Ihre Klientin habe im Juli Anspruch auf Lohn bzw. Lohnersatz (für den Fall einer Arbeitsunfähigkeit).
Zur Gültigkeit der Kündigung per 31.8.2017: Ich gehe davon aus, dass die Kündigung in einem Zeitpunkt erfolgte, in dem Ihre Klientin nicht mehr krank geschrieben war, andersfalls ware zu prüfen, ob die Kündigung noch in der Sperrfrist erfolgte (Art. 336c OR) und damit nichtig war (Im 19. Dienstjahr beträgt die Sperrfrist bekanntlich 180 Tage). Auch zu beachten ist, dass selbst wenn die Kündigung in einem Zeitpunkt erfolgte, in dem ihre Klientin nicht krank war, sich die Kündigungsfrist maximal um die Dauer der Sperrfrist verlängt, falls während der noch laufenden Kündigungsfrist eine Arbeitsunfähigkeit auftaucht).
Ein weiterer Aspekt zur Kündigung: Die Kündigung erfolgte zeitlich nachdem Ihre Klientin geltend gemacht hat, sie sei mit der Vertragsanpassung nicht einverstanden. Hier könnte der Fall einer missbräuchlichen Rachekündigung (Art. 336 Abs. 1 lit. d OR) vorliegen. Ihre Klientin müsste bis Ende der Kündigungsfrist gegen diese Kündigung Einsprache erheben (falls die Kündigung nicht ohnehin nichtig ist, siehe oben).
Zur Möglichkeit, die 20% Lohnersatz direkt bei der Krankentaggeldversicherung einzufordern: Grundsätzlich besteht sowohl gegenüber Krankentaggeldversicherungen nach VVG als auch gegenüber solchen nach KVG ein so genanntes direktes Forderungsrecht. Die Taggeldversicherung wird sich jedoch vermutlich auf den Standpunkt stellen, gemäss Angaben des Arbeitgebers liege nur ein 60% Pensum vor.
Sofern mit der ARbeitgeberin keine einvernehmliche Lösung möglich ist und angesichts der Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis ohnehin gekündigt wurde, ist der Gang ans Arbeitsgericht wohl unvermeidlich.Die Verfahren sind je nach Kanton unterschiedlich geregelt, wenn Sie mitteilen, in welchem Kanton bzw. in welcher Gemeinde sich das GEschehen abspielt, kann ich IHnen bei Bedarf gerne weitere Informationen zukommen lassen.
Das Wichtigste: Prüfen Sie, ob die Kündigung überhaupt gültig ist (Sperrfrist) bzw. ob sich die Sperrfrist wegen während der Kündigungsfrist eingetretener Arbeitsunfähigkeit verlängert. Falls Letzteres vorliegt, kann auch umgehend Einsprache gegen die Kündigung erhoben warden (an die Arbeitgeberin), diesfalls ist nämlich die Frist noch nicht abgelaufen.
Genügen Ihnen diese Angaben?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli