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angerechnetes Nettoerwerbseinkommen im Scheidungsurteil falsch

Veröffentlicht:
05.12.2019
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Guten Tag

Ich habe eine Klientin welche seit kurzem geschieden ist. Sie hat auf nachehelichen Unterhalt verzichtet. Für den gemeinsamen Sohn wurde das gemeinsame Sorgerecht und alternierende Obhut vereinbart. Auf die Bezahlung von Kindesunterhalt wurde gemäss Scheidungsurteil gegenseitig verzichtet. Jeder Elternteil zahlt ordentliche Kosten, welche während seiner Obhut enstehen. Weitere Kosten werden 50/50 geteilt.

Die Klientin hat gemäss Lohnabrechnung ein Nettoeinkommen von 3'151.90 pro Monat bei 60% Pensum. Sie arbeitet zusätzlich ca. 3h pro Woche als Putzfrau mit einem Bruttolohn von Fr. 25.-/h, monatlich ca. Fr. 300.-

Im Scheidungsurteil vom 4.9.2019 ist ein Nettoeinkommen von Fr. 3'800.- aufgeführt, was aus meiner Sicht falsch ist. Beim Ehemann inkl. Kinderzulagen Fr. 6'707.00.

Leider klappt das mit dem 50/50 nicht. Der Ehemann zahlt z.B. der Klientin nicht die Hälfte der KiZu, ausserdem bezahlt sie die Krankenkassenprämie für ihren Sohn voll, da sie bei der KK arbeitet und ihr diese direkt am Lohn abgezogen wird. Die IPV kann sie nicht beziehen, da der Wohnsitz gemäss Scheidungsurteil beim Vater ist.

Die Klientin hatte mit einem Rechtsanwalt Kontakt welcher meinte, es sei aussichtslos (trotz offensichtlichem Fehler beim Einkommen), man könne nichts mehr machen, da das Scheidungsurteil Rechtskräftig sei.

Haben Sie eine Idee was man noch tun könnte? Die Klientin lebt mit ihrem Budget nur ganz knapp unter Sozialhilfeniveau.

Besten Dank für Ihre Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrte Frau Suter

Ohne detaillierte Fallkenntnisse kann hier leider keine Beurteilung abgegeben werden. Relevant zu wissen wäre, wie das Gericht das Erwerbseinkommen der Frau erhoben hat, bzw., auf welche Angaben es sich abstützte. Die Frau musste ja Angaben über ihr Einkommen und Vermögen machen.

Ob eine Abänderung des Urteils in Frage käme, oder ob ein sogenannter Kanzleifehler berichtigt werden könnte (das ist dann der Fall, wenn das Gericht irrtümlicherweise eine falsche Zahl als Grundlage genommen hätte), muss anhand der Akten geprüft werden.

Wenn die Frau an der Auskunft des beigezogenen Rechtsanwalts zweifelt, so bleibt ihr nichts anderes übrig, als eine andere in Familienrecht versierte Fachperson zu suchen. Ich kann eine Rechtsberatung bei einer Frauenzentrale empfehlen; dort könnte sie auch Adressen von Fachanwälten erhalten.

Hilfreich wäre es vielleicht, wenn sie mit dem Ex-Mann eine Elternberatung aufsuchen würde, damit sich eine einvernehmliche Lösung finden liesse. Die Eltern haben sich für eine Lösung mit gemeinsamer Elternverantwortung entschieden. Ihre gemeinsam vereinbarten Regeln sind im Scheidungsurteil aufgenommen worden, an der praktischen Umsetzung müssen sie offenbar noch arbeiten. Vgl. z.B. das Angebot https://www.kinderimblick.ch/ oder eine kantonale Elternberatungsstelle.

Ich hoffe, die Angaben sind Ihnen nützlich und grüsse Sie freundlich

Luzern, 9.12.2019

Karin Anderer