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"Angeordnetes" Sabbatical - rechtliche Aspekte?

Veröffentlicht:
12.11.2019
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag Herr Pärli

Erneut gelange ich mit einer Anfrage an Sie.

Neu habe ich eineN MitarbeitendeN in Kaderfunktion in Beratung, welcheR vom Arbeitgeber als Sofortmassnahme zur Entlastung (im Sinne einer Präventivmassnahme aus Sorge um die / den MA) in ein bezahltes Sabbatical geschickt wurde (Dauer etwa 3 Monate).

Eine solche Massnahme erlebe ich von einem Betrieb erstmals.

Es wurde der / dem Mitarbeitenden eine Vereinbarung vorgelegt. Darin wird u.a. garantiert, dass die Person in dieselbe Funktion (=> geringe Funktionsanpassungen werden vorbehalten) zurück kehren kann. Die Person erhält während dem Sabbatical den vollen Lohn.

Diese Massnahme und die sofortige „Freistellung“ von den Aufgaben war (und ist) für die betroffene Person unerwartet, nicht nachvollziehbar und auch verunsichernd. Die Person möchte arbeiten.

Wir haben uns im Rahmen des Erstgespräches gefragt, wie es sich mit der (arbeits-)rechtlichen Dimension in dieser doch eher speziellen Situation verhält und erlauben uns, Sie hiermit anzufragen, wie Sie aus arbeitsrechtlicher Perspektive die vom Betrieb getroffene Massnahme beurteilen.

Besten Dank bereits – wir sind gespannt auf Ihre Einschätzung und Rückmeldung.

Carole Lauper
Movis AG Bern

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

liebe Frau Lauper

Gerne beantworte ich Ihre Fragen zu diesem in der Tat bemerkenswerten Fall wie folgt:

Der Arbeitgeber muss die Persönlichkeit und Gesundheit des Arbeitnehmers achten und schützen (OR 328 Abs. 1 und 2, Arbeitsgesetz Art. 6 und Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz). Zu diesen Pflichten gehört auch, den Arbeitnehmer vor Überlastung zu schützen. Insoweit kann eine Massnahme wie die durch Sie geschilderte nicht nur ein Recht des ARbeitgebers, sondern sogar eine Pflicht darstellen. Der Schutz der Persönlichkeit bedingt allerdings auch, dass diese Massnahme in angemessener Weise dem Arbeitnehmer kommuniziert wird bzw. im besten Fall im gemeinsamen Gespräch entwickelt und beschlossen wird. Auch darf es sich nicht um eine verstecke Schikane handeln, die im Ergebnis nur dazu dient, den Arbeitnehmer los zu werden.

Dem Mitarbeiter ist zu empfehlen, die Vereinbarung ggf. mit eigenen Anliegen zu ergänzen (Modalitäten der Rückkehr, Information und Kommunikation während des Sabbaticals, verbindliche Zusicherungen hinsichtlich der Rückkehr und "Wiedereingliederung", Regelung betreffen allfälligen Bonus u.ä. während der Zeit des Sabbaticials usw.). Auch ist festzuhalten, welche Auswirkungen dieses Sabbatical hinsichtlich ggf. noch vorhandenern Überstundenguthaben und Ferien hat. Grundsätzlich führt eine Freistellung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber weder zu einer Kürzung des Ferienanspruchs (der Ferienanspruch wächst auch während der Freistellung ) und di Anweisung, während der Freistellung Ferien zu beziehen und Überstunden abzubauen, ist möglich, die Bedürfnisse des Arbeitnehmers sind indes zu berüchsichtigen.

Genügen Ihnen diese Auskünfte?

Mit Dank für die Kenntnisnahme und besten Grüssen

Kurt Pärli