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ALV: max. Taggelder

Veröffentlicht:
10.01.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrter Herr Mösch
Mein Klient ist seit mehr als 2J. krank, KTG ist nun ausgelaufen, die IV Rentenprüfung ist weiterhin hängig, es gab diverse Gutachten. Die ALV ist ja vorleistungspflichtig, wenn ein Arztzeugnis eine mindst. 20% adaptiere Arbeitsfähigkeit attestiert.
Mein Klient hat nun von der Arbeitslosenkasse die Berechnung erhalten. Als. max. Anzahl Taggelder wurden 90 angegeben.
Ich weiss, dass dies bei Beitragsbefreiten so gehandhabt wird, gilt dies aber auch bei einer hängigen IV-Rentenprüfung? Dauert die Vorleistungspflicht nicht bis zum IV-Entscheid? D.h. mein Klient müsste sich doch noch überbrückend bei der Sozialhilfe melden?
Besten Dank für Ihre Antwort!
Freundliche Grüsse
Katrin Schenker

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Frau Schenker
Eine Anspruchsvoraussetzung für Taggelder der ALV ist die Vermittlungsfähigkeit. Demnach muss die versicherte Person bereit, berechtigt und in der Lage sein eine zumutbare Arbeit anzunehmen.
Bei einer arbeitsunfähigen Person ist fraglich, inwieweit sie in der Lage ist, eine Arbeit anzunehmen. Damit ist auch die Vermittlungsfähigkeit fraglich, solange Unklarheit über die Arbeitsunfähigkeit besteht.
Wenn beide Versicherungen involviert sind, ist die Koordination zwischen ALV und IV im Grundsatz so gestaltet, dass es Aufgabe der IV (nicht der ALV) ist, die Arbeitsunfähigkeit abzuklären. Solange diese Abklärungen laufen, muss die ALV in der Regel davon ausgehen, dass eine Person arbeitsfähig und damit vermittlungsfähig ist.
Die ALV verlangt aber ein Arztzeugnis, das bestätigt, dass eine Arbeit zu mindestens 20% zumutbar ist. Zudem muss die versicherte Person auch tatsächlich Arbeit suchen (Vermittlungsbereitschafft) Liegt ein solches Arztzeugnis vor und erfüllt sie auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen, besteht für die ALV eine Vorleistungspflicht für ein volles Taggeld, also ausgehend von einer 100% Vermittlungsfähigkeit (Art. 15 AVIG und 15 AVIV).
Diese Vermutungsregel einer vollen Vermittlungsfähigkeit gilt aber nur solange der Anspruch auf Leistungen der andern Sozialversicherung also z.B. IV abgeklärt wird und somit noch nicht feststeht.
Wann ist dieser Zeitpunkt in dem die andere Versicherung entschieden hat? Das Bundesgericht sagt, dass es dafür nicht einen eindeutigen Zeitpunkt gibt. So kann in Ausnahmefällen bereits ein IV-Gutachten derart eindeutig sein, dass dies zum Anlass genommen werden kann die Vermittlungsfähigkeit zu verneinen, z.B. wenn die Gutachter eine klare 100% Arbeitsunfähigkeit feststellen. In der Regel ist aber die Rechtskraft des IV-Entscheides massgebend.
Die Taggeldbezugsdauer ist jedoch unabhängig von der Vorleistungspflicht geregelt und endet in Ihrem Fall nach 90 Tagen (Art. 27 Abs. 4 AVIG). Der missverständliche Begriff der Vorleistungspflicht bezieht sich also nicht auf die Dauer, sondern nur auf die Höhe der Entschädigung in dem während der Vorleistungspflicht ein volles Taggeld bezahlt wird, auch wenn eine teilweise Arbeitsunfähigkeit besteht.
Demnach ist eine Anmeldung bei der Sozialhilfe möglicherweise unumgänglich. Wobei Sie bei der IV nachfragen können, ob Sie und Ihr Klient zur Verfahrensverschnellerung beitragen können (oft wartet die IV z.B. auf irgendwelche Unterlagen, die man vielleicht schneller organisieren könnte etc.).
Freundlicher Gruss
Daniel Schilliger