Guten Tag
Ich habe einen Fall, in dem ein 18 jähriger, der sich im 1. Lehrjahr befindet, keine Alimente mehr erhält (837.-). Diese sind laut Gerichtsurteil vom 2004 vom Kindsvater zu übernehmen. Derselbe ist laut Sohn und Mutter bereits im 2005 in die Niederlanden ausgewiesen worden, da er kriminell in der CH geworden sei, habe er bis heute Landesverbot. Die Mutter und der Sohn haben keinen Kontakt seither und bisher habe die Mutter die Alimente auf der Gemeinde in Engelberg (OW) eingeholt. Laut dem Gerichtsurteil sind die Alimentszahlungen daran gebunden, dass der Sohn Wohnsitz bei der Mutter habe, was seit ca. Frühjahr 2018 nicht mehr der Fall sei, woraufhin die Gemeinde die Zahlungen eingestellt habe.
Der Sohn lebt in Kaiseraugst (AG) wo er auch die Lehre tätigt. Er lebt bei den Grosseltern mütterlicherseits und diese seien mit ihm zerstritten. Es stellt sich die Frage ob der Sohn nun alleine wohnen kann, wobei er auf die Sozialhilfe angewiesen wäre, wenn er nicht Alimente weiterhin erhalten könnte. Gibt es hier einen Weg die Alimente wieder einzufordern auch wenn der Vater unauffindbar wäre? Die Mutter hat sich neu selbstständig gemacht und gibt an, nicht genug zu verdienen, um dies zu bezahlen (ich werde mit ihr noch ein Budget erstellen) jedoch könne Sie partiell Zahlungen übernehmen. Muss die Mutter das Gerichtsurteil anfechten - obschon der Vater nicht auffindbar ist?
Vielen Dank
Hr. von May
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich gehe bezüglich des Sachverhaltes davon aus, dass in Ihrem Fall tatsächlich die Alimente gemäss Scheidungsurteil nur geregelt waren für den Fall, dass das Kind noch bei der Mutter wohnt. Das hat zur Folge, dass dieser Rechtstitel nicht mehr trägt für Unterhaltsforderungen des Kindes nach dem Auszug. Deswegen gibt es auch keine Alimentenbevorschussung durch das Gemeinwesen mehr.
Im vorliegenden Fall müsste also der Sohn selbständig allfällige Alimentenansprüche im Sinne von Art. 277 Abs. 2 ZGB gerichtlich einfordern oder über eine Vereinbarung erhältlich machen. Dies ist aber, soweit der Vater unbekannten Aufenthaltes ist, sehr schwierig. Ich rate insoweit zur Beratung durch die Alimentenstelle oder eine Anwältin/einen Anwalt. Zum Gerichtssstand: Eine allfällige Klage das volljährige Kind (18jährig) selbständig in der Schweiz anhängig machen. Ich rate insoweit aber zu vorgängiger anwaltschaftlicher Beratung. Wenn ein Alimententitel/Urteil besteht so bestehen diversen Hilfen, das Inkasso auch im Ausland zu ermöglichen (New Yorker Abkommen). Siehe dazu:
https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/gesellschaft/alimente.html
Soweit die Alimenten nicht verfügbar gemacht werden können bleibt nur die Sozialhilfe. Insoweit wird aber geprüft, ob ein günstiges Wohnen mit den Grosseltern zumutbar ist (das hängt vom Mass und den Gründen der Konflikte ab). Wäre dies nicht der Fall würde wohl kaum eine Wohnung finanziert, sondern eine Auflage gemacht, ein WG-Zimmer zu suchen.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot