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Akteneinsicht Vater

Veröffentlicht:
25.04.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Datenschutz, Persönlichkeitsschutz und Haftung

Guten Tag

Die Beistandsperson (Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB) beantragte beim Sozialamt die Finanzierung einer nicht behördlich angeordneten Kindesschutzmassnahme für S.W, 15jährig. Es handelte sich um eine Platzierung in einem betreuten Wohnen. Das Sozialamt hat subsidiäre Kostengutsprache geleistet. Die Kindsmutter ist sorgeberechtigt und hat die Obhut, der Kindsvater ist weder sorgeberechtigt noch hat er die Obhut. Die Eltern waren nie verheiratet. Das Sozialamt prüfte den Elternbeitrag beider anhand des erweiterten SKOS-Budgets. Beide sind in unterschiedlicher Höhe, je nach ihren finanziellen Möglichkeiten, fähig ihrer Unterhaltsverpflichtung nachzukommen und einen Beitrag an die freiwillige Platzierung zu leisten. Der Kindsvater hat seinen Anteil für den Monat April 2022 bereits dem Sozialamt überwiesen, die Kindsmutter hat bis 30. April 2022 ihren finanziellen Verpflichtungen analog der Zahlungsverpflichtung nachzukommen. Dem Kindsvater ist es möglich deutlich mehr zu leisten, als der Kindsmutter.

Der Anwalt des Kindsvaters beantragt nun per Einschreiben die Akteneinsicht, insbesondere zu den aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Kindsmutter. Er begründet dies damit, dass im Unterhaltsentscheid des Kreisgerichts stehe, dass sich die Eltern je zur Hälfte an ausserordentliche Kinderkosten, sofern diese notwendig sind und im Voraus abgesprochen wurden, beteiligen müssen. Die Kindsmutter müsse sich daher im gleichen Umfang an allfällige Kosten beteiligen wie der Kindsvater.

Dem Sozialamt vorliegenden Unterhaltsentscheid steht wörtlich: Der Vater beteiligt sich zur Hälfte an Auslagen für ausserordentliche Bedürfnisse des Kindes (z.B. nicht gedeckte Kosten für Zahnkorrekturen), sofern die Auslagen notwendig sind oder im Voraus abgesprochen wurden (Art. 286 Abs. 3 ZGB).

Zu erwähnen ist, dass der Kindsvater seit 14 Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Tochter hatte, er aber seinen monatlichen Unterhaltspflichten nachgekommen ist. Aufgrund des fehlenden Kontaktes hat er sich nie an ausserordentlichen Kosten beteiligt. 

Ist das Sozialamt verpflichtet Einsicht in die Akten von S.W. und damit verbunden auch in die Akten der Kindsmutter zu gewähren? 

Vielen Dank für eine Rückmeldung. 

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Datenschutz, Persönlichkeitsschutz und Haftung

Guten Tag.

Ein Recht auf Akteneinsicht gegenüber staatlichen Behörden als verfahrens- und verfassungsmässiges Recht besteht für die betroffene Person, wenn die Akteneinsicht zur Wahrnehmung der Rechte notwendig erscheint.

Die Ämter haben auf der anderen Seite im Sinne des Amtsgeheimnisses und des Datenschutzes die Rechte der Personen zu wahren, welche in den freigegebenen Akten vorkommen. 

Es ist insoweit also im Sinne der Verhältnismässigkeit eine Güterabwägung notwendig.

Bei der hier vorliegenen Konstellation scheint mir mit Blick auf den Umfang der Kostenübernahmepflicht gegenüber dem Sozialamt ein berechtigtes Interesse des Kindesvaters zu bestehen, seine Leistungspflicht überprüfen zu können. Gemäss dem Wortlaut des insoweit entscheidenden Unterhaltsentscheides trägt der Kindesvater die Hälfte der ausserordentlichen Kosten. Für seine Leistungspflicht sind also das Einkommen und Vermögen der Kindesmutter nicht relvant. 

Deswegen ist aus meiner Sicht hier das Gesuch am Akteneinsicht unter Bezugnahme auf ein fehlendes geschütztes rechtliches Interesse abzulehnen.

Ein allfälliges Interesse an der finanzielle Situation der Kindesmutter besteht für den Kindesvater, falls er eine Abänderung der Unterhaltsverpflichtung anstrebt. Ein solches Gesuch ist aber im Rahmen eines entsprechenden zivilprozessualen Verfahrens zu stellen. Nicht hier gegenüber dem Sozialdienst.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot