Guten Tag
Frage zum AHV-Vorbezug: Mein Klient wird am 2. Juli 2018 63 Jahre alt. Ab 1. August 2018 kann die AHV frühestens vorbezogen werden. Der AHV-Vorbezug geht grundsätzlich der wirtschaftlichen Sozialhilfe vor. Noch laufen Abklärungen der SUVA und der IV. Was ist zu beachten, damit für den Klienten durch die Anmeldung des AHV-Vorbezugs keine Nachteile entstehen?
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Dell Amore
Die Antwort auf Ihre Frage ist abhängig von den konkreten Umständen und bräuchte eine genauere Abklärung des Sachverhalts. Ich rate zu einer individuellen Beratung durch einen spezialisierten Rechtsdienst, z.B. der Procap.
Unter anderem spielen dabei folgende Aspekte eine Rolle, wie der Gesundheitszustand des Betroffenen ist und ob er willens und in der Lage ist, sich einem IV-Abklärungsverfahren noch zu unterziehen und inwieweit Aussicht auf eine IV-Rente besteht. Insoweit spielt auch eine Rolle wie gut die Einschränkung der Gesundheit durch ärztliche Berichte beschrieben ist (auch bezüglich anderer möglicher Stellen als nur der bisherigen Tätigkeit) und ob mit einer weiteren Verschlechterung der Gesundheit gerechnet werden muss.
Wichtig ist auch, ob und inwieweit Leistungen einer Krankentaggeldversicherung (insb. des Arbeitgebers) fliessen werden. So kann eventuell eine Lücke bis zum Ende des IV-Verfahrens gedeckt werden.
Ebenso kommt es darauf an, ob auch ein Anspruch auf PK-Rente besteht und inwieweit diese schon zu welchen Bedingungen bezogen werden kann, bzw. ob insoweit Überbrückungsleistungen vorgesehen sind nach einem AHV-Vorbezug. Das ist nur zu beantworten mit Blick in das Reglement der Pensionskasse.
Auch spielt es eine Rolle, ob die durch den Vorbezug gekürzten Altersleistungen auch mit der Kürzung immer noch genügen um die Existenz zu sichern, z.B. durch die Ergänzung der Rente der PK oder durch Überbrückungsleistungen der PK.
Insoweit ist zu beachten, dass allenfalls nötige EL-Leistungen zwar schon mit Vorbezug geschuldet sind. Für deren Berechnung werden aber ev. Verzichtsvermögen einbezogen. Auch können die Abklärungen des Anspruchs etwas Zeit in Anspruch nehmen. Dieser müsste dann durch eigene Mittel gedeckt werden können. Gewährt die IV später rückwirkend eine IV-Rente, so kann auf den Vorbezug der AHV-Rente wieder verzichtet werden. Bezüglich der allfälligen PK-Vorbezuges ist dies unklar und zum Teil abhängig vom Reglement.
Weiter ist zu beachten, dass eine Person auch nach dem Vorbezug weiterhin AHV/IV-Beiträge bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters bezahlen muss. Wird kein Erwerbseinkommen von etwa CHF 5000 Franken im Jahr erzielt bezahlt man Beiträge als nichterwerbstätige Person, ausser der Ehegatte leiste noch als erwerbstätige Person mindestens das Doppelte der Mindestbeiträge.
Wer die AHV-Rente vorzeitig bezieht unterliegt den Regeln des AHVG, womit bezüglich Hilflosenentschädigung und Hilfsmitteln deutlich strengere Voraussetzungen gelten.
Sollte sich die gesundheitliche Situation im Moment verschlechtern ist noch eine Besonderheit bei der Methode für der Berechnung des IV-Grades zu beachten: Vgl. dazu auch Bundesgerichtsentscheid 9C_9/2013 Erw. 2.1ff.): Kommt es dazu, dass bei Eintritt des Gesundheitsschadens oder der Invalidität keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, ist aber eine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zumutbar, so wird ein Einkommensvergleich gemacht. Ist hingegen eine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar so kommt der - häufig ungünstigere Betätigungsvergleich zur Anwendung (vgl. Kreisschreiben über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (Rz. 3012 KSIH; Stand: 1. Januar 2018 ).
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch