Herr E. (Jg 1948) und Frau V. (Jg 1945) leben seit über 20 Jahren zusammen. Sie sind nicht verheiratet. Ihre Finanzen bewirtschaften sie getrennt. Sie haben sich vor ein paar Jahren zusammen (zu gleichen Teilen) eine Eigentumswohnung im Kanton Luzern gekauft und bewohnen sie selbst. Herr E. leidet seit mehreren Jahren an Demenz und wohnt seit August 2024 in einem Pflegeheim. Frau V. lebt seitdem alleine in dieser Wohnung. Gemäss Verfügung erhielt er seit September letztes Jahr Ergänzungsleistung (EL).
Gemäss einer neuen Verfügung vom 24.2.2025 wird ihm EL ab 1.3.25 gestrichen, da sie jetzt den Wert der Wohnung als Vermögen in die EL-Berechnung einrechnen. Mit dieser Verfügung wird ein Verkauf der Wohnung zwingend notwendig, da Herr E. über ein liquides Vermögen verfügt, welches noch für ca 10 Monate reichen wird.
Frau V. ist auf der Warteliste für eine Alterswohnung. Sie macht sich jetzt grosse Sorgen, dass wenn sie in diesem Jahr noch keine Alterswohnung bekommen sollte, dass sie dann "auf die Strasse gestellt werde", da jetzt diese Wohnung verkauft werden muss. Frau V. hat zu wenig Eigenmittel, um Herr E.'s Anteil der Wohnung zu kaufen.
Frage: ist diese Verfügung vom 24.2. rechtens? Kann die EL den Verkauf der Wohnung innerhalb von 6 Monaten verlangen, obwohl Frau V. noch in dieser Wohnung wohnt? Kennen sie ähnliche Fälle? Kann mit der EL verhandelt werden (EL weiterzahlen, bis Frau V. eine Alterswohnung erhalten hat, danach die Wohnung verkaufen und aus dem Erlös die EL wieder zurückzahlen…)
Vielen Dank für eine zeitnahe Antwort, damit je nach Antwort die Verfügung noch innerhalt der Frist angefochten werden kann.
Leider konnten wir die Verfügungen nicht im Anhang zur Verfügung stellen. Gibt es eine Möglichkeit diese Ihnen auf einem anderen Weg zukommen zu lassen?
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag.
Bei einer Person im Heim darf die EL korrekterweise eine eigene Berechnung des Anspruchs machen. Dazu gehört auch die Berechnung der anrechenbaren Einnahmen. Zu diesen gehört auch ein Vermögensverzehr. Dieser wird berechnet aus dem Nettovermögen abzüglich bestimmter Freibeträge. Von diesem Netto-netto-Betrag wird dann bei Heimbewohnern 1/5 als Einnahme eingerechnet.
Im vorliegenden Fall liegt hälftiges Eigentum an einer Wohnung vor. Dieses wird zum Vermögen gezählt. Wäre die Person, die darin noch wohnt, mit dem EL-Bezüger verheiratet, so würde dieses Wohneigentum nur zum Steuerwert berücksichtigt und würde ein besonderer Freibetrag von CHF 300000 berechnet.
Weil aber im vorliegenden Fall diese Wohnung von der Konkubinatspartnerin bewohnt wird, wird die Wohnung zum Verkehrswert berücksichtigt in der EL-Berechnung des Heimbewohners. Ein besonderer Freibetrag ist nicht vorgesehen.
Die im vorliegenden Fall vorgesehene Frist von sechs Monaten, bis die Anpassung erfolgt, dürfte ihren Grund darin haben, dass vorerst noch offen war, ob der Heimbewohner ev. in die Wohnung zurückkehren kann. In einem solchen Fall müsste diese privilegiert (Steuerwert statt Verkehrswert und mit besonderem Freibetrag) berücksichtig twerden.
Soweit ersichtlich ist also das Vorgehen der EL-Stelle bzgl. Anrechnung des Vermögensverzehrs bzgl. Wohnung als Einnahme und somit Berechnung des Anspruchs auf EL korrekt.
Selbstverständlich kann die EL aber KEINE Auflagen machen, dass eine Wohnung verkauft werden muss. Sie kann nur den Anspruch unter den genannten Umständen ablehnen.
Die Folge wäre, dass für den Heimbewohner Sozialhilfe beantragt werden müsste. Diese müsste wohl bei bestehendem tatsächlichem Bedarf für die Kosten des Heimes aufkommen. Könnte aber vom Heimbewohner oder seinem gesetzlichen Vertreter verlangen, dass versucht werden muss, den Liegenschaftsanteil zu verwerten. Soweit dies versucht wird und nicht möglich ist (z.B. weil auf dem LIegenschaftsmarkt kaum ein Interesse besteht an Teileigentum an einer von einem anderen TEileigentümer bewohnten Liegenschaft), muss die Sozialhilfe aber bevorschussend geleistet werden.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot