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Abgrezung Beistandschaft / Sozialamt

Veröffentlicht:
24.01.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Grüezi Frau Anderer, Grüezi Herr Vogel
Wir wären froh um die Klärung der nachfolgenden Frage:
Darf das Sozialamt auf Direktzahlung von Krankenkassenprämien und Arztleistungen (unter direkter Abrechnung mit der Krankenversicherung) bestehen, wenn die KESB betreffend Beistandschaft im Sinne von Art. 395 die "Verwaltung des gesamten Einkommens und Vermögens" dem Beistand unterstellt hat. Geht hier nicht Bundesrecht (gegenüber kantonalen Sozialhilferecht) vor?
Insbesondere erschwert diese Vorgehensweise die Aufgaben der Beistandsperson, zumal sie verantwortlich ist für das Bezahlen von Rechnungen und auch in der Haftung steht. Ebenso in Bezug auf die Rechnungsablage.
Besten Dank für Ihre Antwort.

Frage beantwortet am

Urs Vogel

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Erwägungen
Ich gehe in der Interpretation des Sachverhaltes davon aus, dass die betroffene Person wirtschaft-liche Sozialhilfe bezieht. Zudem besteht gegenüber der betroffenen Person eine Vertretungsbei-standschaft nach Art. 394/395 ZGB mit dem Auftrag, das gesamte Einkommen und Vermögen zu verwalten. In der Praxis stellen sich somit Koordinationsfragen bezüglich der staatlichen Hilfeleistungen. Gestützt auf § 29 Abs. 1 SHV ZH besteht seitens der Sozialhilfebehörde die Pflicht, mit der KESB zusammenzuarbeiten, wenn gleichzeitig eine Massnahme des Kindes- oder Erwachsenenschutzes besteht. Diese allgemeine Norm will grundsätzlich die Koordination sicherstellen. Vorliegend stellt sich meines Erachtens nicht die Frage des Vorrang eines Bundesrechts vor kantonalem Recht sondern die Interpretation der Anwendung des kantonalen Sozialhilferechts.
Die Vertretungskompetenz des Beistandes aus ZGB zur Verwaltung des Einkommens und Vermögens umfasst die Vertretung der Rechte, die der betroffenen Person zustehen. Der Anspruch auf wirtschaftliche Sozialhilfe entsteht bei der betreuten Person gestützt auf die entsprechende sozialhilferechtliche Gesetzgebung. Im Rahmen dessen was die entsprechende kantonale Sozialhilfegesetzgebung vorsieht, kann die Form der Leistung gegenüber der betroffenen Person (und damit auch dessen gesetzlicher Vertretung) unterschiedlich ausfallen. Im Kanton Zürich kann im Rahmen der Gewährung von wirtschaftlicher Sozialhilfe die Sozialhilfebehörde unter Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit über die Art und Weise der Gewährung und Ausrichtung der wirtschaftlichen Sozialhilfe entscheiden. Gemäss § 16 Abs. 1 SHG ZH wird die wirtschaftliche Hilfe in Bargeld, in Form eines Checks oder durch Überweisung auf ein Post- oder Bankkonto des Hilfesuchenden ausgerichtet. Sie kann gestützt auf § 16 Abs. 2 SHG ZH auf andere Weise erbracht werden, wenn es die Umstände rechtfertigen. In § 18 SHV ZH wird festgehalten, dass Zahlungen direkt an Dritte geleistet werden können, wenn keine Gewähr besteht, dass die zweckmässige Verwendung von Bargeld gewährleistet ist.
Vorliegend wird die betroffene Person in der Finanz- und Vermögensverwaltung von einem Beistand oder einer Beiständin vertreten. In wie weit sich die Sozialhilfebehörde respektive das Sozialamt nun auf den Standpunkt stellen kann, dass keine Gewähr der zweckmässigen Verwendung von Geldern besteht, erscheint mir unwahrscheinlich respektive nicht begründet, da durch die Verwaltung des Beistandes dies sichergestellt ist. Es sind vermutlich eher Gründe der effizienten Abwicklung, welche die Sozialhilfe dazu veranlassen, die Abwicklung der KK und Arztrechnungen direkt zu erledigen.
Fazit: Bei wirtschaftlicher Sozialhilfe und gleichzeitiger Einkommens- und Vermögensverwaltung durch einen behördlich eingesetzten Beistand stellen sich Koordinationsfragen, welche sich nur in gegenseitiger Absprache lösen lassen. Zu beachten dabei ist, dass nicht doppelte staatliche Verwaltungs- und Kontrollhandlungen stattfinden.
Kulmerau, 30. Januar 2017
Urs Vogel