Zum Inhalt oder zum Footer

Zusammenhang KVG Versicherung und Aufenthalt in Institution im Ausland

Veröffentlicht:
16.11.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Ein Klient ist- nachdem er bereits WSH bei uns bezogen hat - in eine ausländische Insitution gereist mit dem klaren Ziel die Suchtabhängigkeit zu behandeln (dies hat er mehrmals erfolglos in der Schweiz versucht). Wir haben die WSH mangels Zuständigkeit eingestellt, der KL hat Einsprache erhoben.

Unsere Abklärungen haben nun ergeben, dass die Zuständigkeit vermutlich bestehend bleibt, wenn der Auslandaufenthalt effektiv nur zur Therapiezwecken erfolgt, auch wenn er lange (2 Jahre) geplant ist. Dies, weil der KL vor Eintritt in die Institution bei uns WSH bezogen hat.

 

Unsere Frage betrifft nur die KVG Versicherung beim Auslandaufenthalt. GEmäss SOzialinfoabklärung vom 21-05.2019 bleibt das Obligatorium bestehen, wenn der Wohnsitz nicht aufgegeben wurde. Wenn die Person nun  im Ausland in einer Institution ist, dann ist m.E. der Unterstützungswohnsitz nicht aufgegeben, selbst wenn die Person die Wohnung gekündigt hat.

Der Szialdienst hat ein Interesse, dass die Person krankenversichert bleibt. Deshalb stellt sich uns die Frage, ob wir - gegenüber dem Klienten wie gegenüber dem Versicherer-  verlangen können, dass er weiterhin KVG versichert bleibt. 

 

Besten DAnk für eine Antwort und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Gnekow. 

a) Für die Unterstellung unter das Schweizerische KVG ist grundsätzlich der zivilrechtliche Wohnsitz von Bedeutung (Art. 23 bis 26 ZGB) im Sinne von Art. 13 ATSG gemäss Art. 3 Abs. 1 KVG und Art. 1 KVV.

Solange die versicherten Personen nicht im Ausland Wohnsitz nehmen, bleiben sie grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Schweiz unterstellt. Gemäss Schweizerischem Zivilgesetzbuch (ZGB) befindet sich der Wohnsitz einer Person an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht aufhält, dauernd zu verbleiben (Art. 23 ZGB).
Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen (Art. 24 ZGB).

b) Ein Aufenthalt zu einem Sonderzweck, namentlich zur Behandlung im Ausland, verschafft noch keine Wohnsitznahme im Ausland (Art. 23 Abs. 1 Halbsatz 2 ZGB; BGE 137 III 593 E: 3.4 mit Hinweisen). An einem solchen Ort einen Wohnsitz zu begründen, wäre es notwendig, dass äussere Zeichen sichtbar sind und eine Willenskundgabe besteht, dass er die Absicht hat,  am entsprechenden Ort auf Dauer zu verbleiben (BGE 137 III 593 E. 3.5). Dafür bräuchte es schon weitere Indizien dafür, dass die Person subjektiv und objektiv ihren Lebensmittelpunkt verschoben hat. Selbst die Abmeldung bei der Wohngemeinde reicht allein nicht aus, um den Wohnsitz in der Schweiz aufzuheben.

c) In bestimmten Fällen, in denen eine Behandlung in der Schweiz nicht verfügbar ist oder die Wartezeiten zu lange sind, können die Kosten für eine Spezialbehandlungen im Ausland rückerstattet werden. In diesen Fällen muss die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt der oder des Versicherten einen begründeten Antrag an die Vertrauensärztin oder den Vertrauensarzt des betroffenen Krankenversicherers einreichen. Der Versicherer entscheidet nach Beratung durch seinen vertrauensärztlichen Dienst, ob die Kosten der Behandlung im Ausland übernommen werden können (siehe dazu weitergehend https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-leistungen-tarife/Leistungen-im-Ausland/Behandlungen-im-Ausland-fuer-Versicherte-mit-Wohnsitz-in-der-Schweiz.html und dort das Informationsschreiben vom 8. April 2008 über die medizinische Behandlung im Ausland).

d) Umgekehrt hat das Bundesgericht auch bereits entschieden, dass in der Schweiz keine KVG-Unterstellung erfolgt, wenn sich jemand ausschliesslich zu Behandlungszwecken in der Schweiz aufhält (Art. 2 Abs. 1 lit. b KVV; BGEr 9C_217/2007 E.5.2.2).

e) Fazit: Ein Aufenthalt im Ausland mit dem klaren Motiv der Behandlung ändert nichts am Wohnsitz in der Schweiz und somit an der hiesigen Versicherungspflicht nach KVG.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot