Die Klientin, Doppelbürgerin, AHV-Rentnerin, bezieht seit mind. 2016 EL-Leistungen. Zuerst als IV- Rentnerin, danach als AHV-Rentnerin. Im letzten Jahr ist sie in Ihre Heimat zurückgewandert. Nun möchte sie wieder in die Schweiz zurückkommen.
Jetzt wurde klar, dass sie im Heimatland Wohneigentum hat, welches auf ihren Namen lautet, obwohl die beiden Wohneinheiten den Kindern versprochen sind - aber nie offiziell übertragen wurden. Der Wert liegt bei ca. Fr. 70’000.00. Sie musste im Rahmen von ca. Fr. 20'000.00 Schulden machen auf das Wohneigentum, da vieles renoviert und instand gestellt werden musste.
Die Fragen, die sich nun stellen, falls die Klientin wieder in die Schweiz zurück kommen würde und sich wieder für EL-Leistungen anmelden würde:
- Wird man ihr vorwerfen, sie habe zu Unrecht Geld der EL bezogen?
- Muss sie die bereits bezogenen Leistungen der letzten Jahre zurückbezahlen und falls ja, auf wie viele Jahre zurück?
- Müsste sie den ganzen Betrag zurück bezahlen, oder evt. nur einen Teil (wieviel Prozent)?
- wird sie zudem eine Busse erhalten, weil sie das Wohneigentum früher nicht angegeben hat?
Die Frau ist ansonsten "nicht vermögend" (kein Bargeld, keine Kontos, usw.)
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
Die genauen Folgen in diesem Fall hängen von einer Reihe von Umständen ab, die aufgrund der vorliegenden Angaben nicht ohne Weiteres geklärt werden können.
Grundsätzlich gilt Folgendes:
a) Die Nichtangabe von Wohneigentum im Ausland ist eine Meldepflichtverletzung. Wenn darauf gestützt zu viel EL ausbezahlt wurde/wird, so entsteht ein Rückerstattungsanspruch im Rahmen von Art. 25 ATSG. Weil der gute Glaube in solchen Fällen fehlt, wird kein Erlass gewährt.
b) Inwieweit dies der Fall war, und wie hoch somit die zu Unrecht bezogenen El ist, ist davon abhängig, wie der Nettowert, also der Verkehrswert der Liegenschaft, abzüglich Schulden, eingeschätzt wird. Für die Zeit vor 2021 dürfte der Wert der Liegenschaft dazu führen, dass das angerechnete Vermögen, und somit bei der EL-Berechnung der angewandte Vermögensverzehr bei den Ausgaben zu tief war. In diesem Umfang wäre dann ein nach 2021 (neues EL-Recht) könnte es sein, dass der Wert der Liegenschaft dazu führt, dass die Vermögensschwelle überschritten war, was den Anspruch auf EL ganz wegfallen liesse.
Der Rückforderungsbetrag kann samt Zinsen grundsätzlich vollständig erfolgen.
c) Nicht zurückgefordert können zu Unrecht bezogene Beträge, wenn die Rückforderung verwirkt ist: Eine Verwirkung tritt ein drei Jahre, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre seit der Auszahlung der einzelnen Leistung. Dabei gilt aber, dass im Fall, dass der Rückerstattungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet wird, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht (etwa Betrug oder Urkundenfälschung, diese Frist massgebend ist. Bei Betrug oder Urkundenfälschung beträgt die strafrechtliche Verjährungsfrist 15 Jahre; bei unrechtmässigem Leistungsbezug nach Art. 148a StGB sieben Jahre (Art. 97 Abs .1 lit. b, c und d StGB). Ob im vorliegenden Fall eine solche Straftat vorliegt, lässt sich ohne Weiteres nicht abschätzen. Entscheidend dürfte sein, ob und unter welchen Umständen die Angaben zum Wohneigentum bewusst nicht angegeben wurden. Es ist also vorliegend möglich, dass die Verwirkung, selbst für die Bezüge, die schon einige Zeit her sind, noch nicht eingetreten ist. Ohne den Nachweis einer Straftat dürfte aber ein Teil der Rückerstattungsforderungen verwirkt sein.
d) Der nicht verwirkte Rückerstattungsanspruch kann grundsätzlich mit laufenden Ansprüchen gegenüber Sozialversicherungen, bzw. auch auf EL verrechnet werden. Zu beachten ist aber das betreibungsrechtliche Existenzminimum. Ebenso ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn die aktuelle Differenz zwischen dem Bruttoeinkommen und dem Existenzminimum kleiner ist als der Betrag der jährlichen EL.
Zudem gilt, dass in Fällen, wo die versicherte Person einen Ausgabenüberschuss hat, und weder Vermögen noch Erwerbseinkommen vorliegt, in der Regel auf die Verrechnung zu verzichten ist und die Rückforderung als uneinbringlich abzuschreiben ist.
(vgl. dazu Wegleitung Ergänzungsleistungen (WEL), Stand 1.1.2024, Rz. 4640.01 ff).
e) Je nach den Umständen der Meldepflichtverletzung ist mit einer Strafanzeige zu rechnen, wenn die EL-Stelle von dieser Situation erfährt. Ev. wäre es angezeigt, dass die betroffene Person selber auf diesen Fehler hinweist und dies der EL-Stelle mitteilt. Das reduziert die Gefahr, dass hier von einem strafrechtlich relevanten Vorsatz ausgegangen wird.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot