Ich betreue einen Klienten, dessen Wohnungen (1. OG) von einem starken Befall von Bettwanzen betroffen ist. Bettwanzen können durch Möbel, mit den Kleidern oder anderen Textilien in die Wohnung kommen. Es hat keinen Zusammenhang mit Unhygiene.
Gemäss dem Kammerjäger ist die Wohnung stark betroffen. Nun wurde auch in anderen Wohnungen (HP) Bettwanzen gefunden. Der Befall sei aber noch nicht so stark. Gemäss dem Vermieter ist der Ursprung die Wohnung meines Klienten. Zudem hat mein Klient seine Matraze, welche er wegen dem Befall entsorgen musste durch das Treppenhaus nach drausen getragen. Der Vermieter ist der Meinung, dass das zur Ausbreitung geführt hat. Er möchte, dass mein Klient für die Kosten des Kammerjägers aufkommt (CHF 8'500 für seine Wohnung gem. Offerte und dann noch zusätzlich für die anderen Wohnungen)
Meine Frage ist nun:
- Muss mein Klient die Kosten für die anderen Wohnungen übernehmen? Welche Nachweise seitens Vermieter sind nötig, damit klar ist, dass der Ursprung von meinem Klienten ist?
- Übernimmt die Haftpflichtversicherung die Kosten?
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
Die Frage, ob der Klient auch die Kosten für die Beseitigung des Bettwanzenbefalls in seiner Wohnung zu übernehmen hat, ist eine mietrechtliche und keine sozialhilferechtliche Frage. Ich kann Ihnen deshalb nur eine generelle Antwort geben.
Nach Art. 256 Abs. 1 des Obligationenrechts (OR, SR 220) ist der Vermieter verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten. Der Mieter dagegen muss die Sache sorgfältig nutzen (Art. 257f Abs. 1 OR). Treten in einer Mietwohnung Schädlinge auf, handelt es sich rechtlich gesehen um einen Mangel am Mietobjekt. VermieterInnen sind in solchen Fällen grundsätzlich verpflichtet, für Abhilfe zu sorgen und die Kosten dafür zu übernehmen (Art. 259 OR). Zu Lasten der MieterInnen gehen die Kosten der Schädlingsbekämpfung nur dann, wenn man ihnen vorwerfen kann, die Tiere unter Verletzung der mietrechtlichen Sorgfaltspflicht eingeschleppt zu haben. Dies ist etwa der Fall, wenn Haustiere Flöhe heimbringen. Voraussetzung ist allerdings, dass sich den betreffenden MieterInnen eine Sorgfaltspflichtverletzung nachweisen lässt. Ob hier tatsächlich nachgewiesen ist, dass Ihr Klient durch Verletzung der Sorgfaltspflicht die Bettwanzen eingeführt hat und die Wohnungen der anderen Bewohner durch die notwendige Entsorgung der Matratze entstanden ist, kann ich – wie gesagt – nicht abschliessend beurteilen. Da der Vermieter beweisen muss, dass der Mieter die Sache unsorgfältig gebraucht hat, könnte der Mieter abstreiten, die Bettwanzen schuldhaft in die Wohnung gebracht zu haben, zumal Bettwanzen – wie Sie schreiben – nicht durch fehlende Hygiene importiert werden. Ebenfalls abzulehnen wäre dann der Vorwurf, die Bettwanzen durch unsorgfältigen Gebrauch in die Wohnungen der anderen Mieter verteilt zu haben, denn die Entsorgung einer befallenen Matratze scheint nicht auf den ersten Blick kein unsorgfältiger Gebrauch der Mietsache zu sein.
Die Frage, ob die Haftpflichtversicherung die vom Mieter zu übernehmenden Kosten zur Beseitigung des Bettwanzenbefalls zu übernehmen hat, ist eine haftpflichtrechtliche und ebenfalls keine sozialhilferechtliche Frage. Ausschlaggebend ist der Vertrag zwischen dem Klienten und der Haftpflichtversicherung. Sinnvoll erscheint mir, die Haftpflichtversicherung so rasch als möglich zu informieren.
Die Frage, ob die Sozialhilfe die Kosten für die Bekämpfung des Bettwanzenbefalls zu übernehmen hat, stellt sich dann, wenn der Vermieter nachweisen kann, dass der Mieter/Ihr Klient den Bettwanzenbefall durch unsorgfältigen Gebrauch seiner Mietwohnung verursacht hat und die Haftpflichtversicherung nicht sämtliche Kosten übernimmt oder allenfalls ein Selbstbehalt besteht.
§ 31 Abs. 1 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Luzern (SHG LU, SG 892) hält fest, dass für die Bemessung der wirtschaftlichen Hilfe die SKOS-Richtlinien massgebend seien. In Kapitel C.6 der SKOS-Richtlinien ist festgehalten, dass die besondere wirtschaftliche, persönliche und familiäre Lage von unterstützten Personen zu berücksichtigen ist. Massgebend ist dabei, ob die Situation der unterstützten Person zusätzliche Leistungen erfordert oder ob die Situation durch eine zusätzliche Leistung entscheidend verbessert werden kann. Die Leistung muss dabei in einem sinnvollen Verhältnis zum erzielten Nutzen stehen.
Bei der Beurteilung, ob Kosten als situationsbedingte Leistung übernommen werden, spielt das Ermessen der Sozialbehörde eine wichtige Rolle. Der Ermessensspielraum hängt von der Art der situationsbedingten Leistung ab. In jedem Fall ist das Gewähren oder Verweigern der Leistung fachlich zu begründen.
Allfällige Kosten für die Schädlingsbekämpfung, die nicht von der Haftpflichtversicherung übernommen werden, stellen situationsbedingte Leistungen dar. Die Sozialhilfe hat demnach ein relativ grosses Ermessen, ob sie diese übernimmt oder nicht. Da sich weder in den SKOS-Richtlinien noch im Sozialhilfehandbuch des Kantons Luzern Ausführungen zum Thema Kosten für Schädlingsbekämpfung finden, muss die Sozialhilfebehörde nach den allgemeinen Kriterien entscheiden. Ein Kriterium dürfte sein, ob der Klient den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht hat. Kann ihm dies nicht vorgeworfen werden, sind die Kosten tendenziell zu übernehmen. In diesem Fall ist aber die Frage zu stellen, ob die Kosten überhöht sind.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach
Guten Tag Frau Loosli
Danke für diese Antwort. Sie haben mir sehr weitergeholfen. Mir ist noch die Frage aufgekommen, wer für den Ersatz von Möbeln, welche wegen starkem Befall entsorgt werden müssen, aufkommen muss. Zum Beispiel Matratze und Bett.
Danke für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Viele Dank für Ihre ergänzende Frage.
Grundsätzlich handelt es sich nur dann um eine sozialhilferechtliche Frage, wenn kein Dritter den Ersatz der Möbel bezahlt. Der Dritte kann die Hausratsversicherung des Mieters sein, die es in einem ersten Schritt zu kontaktieren gilt. Der Dritte kann aber auch der Vermieter sein, wenn er durch den Mangel der Mietsache (Bettwanzen) den Schaden an den Möbeln verursacht hat. Kommen weder die Hausratsversicherung noch der Vermieter für den Schaden auf und müssen rechtlich auch nicht dafür aufkommen, ist von der Sozialhilfe zu prüfen, ob die Kosten für den Ersatz der Möbel als situationsbedingte Leistung (SIL) zu übernehmen sind.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach