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Berechnung Arbeitszeiten Quarantäne

Veröffentlicht:
31.10.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Pärli

Falls ein Mitarbeiter sich in Quarantäne begeben muss (ohne kantonsärztliche Anweisung), weil er engen Kontakt mit einer am Coronavirus erkrankten Person hatte, deren Erkrankung in einem Labor bestätigt wurde, keine Krankheitssymptome aufweist, also grundsätzlich arbeitsfähig ist und kein home office möglich ist, wie muss die Arbeitszeit berechnet werden? Fallen dem Mitarbeiter während der Quarantäne Minusstunden an die es nachzuholen gilt?

 

Vielen Dank für die Beantwortung der Frage.

 

Freundliche Grüsse

 

J.P

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Piper

Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Während der kantonsärztlich verordneten Quarantäne besteht ein Anspruch auf 80% des versicherten Lohnes gegenüber der Erwerbsersatzordnung (EO). Der Anspruch besteht ab dem 1. Tag der Quarantäne und dauert bis zur Aufhebung, längstens aber zehn Tage. Wenn später erneut eine Quarantäne ausgesprochen wird, besteht wiederum ein Anspruch. Wenn die Arbeitgeberin während der Quarantäne den Lohn weiterhin ausrichtet, wird die EO-Entschädigung an die Arbeitgeberin ausgerichtet. Eine Verpflichtung der Arbeitgeberin, die 20% Differenz zu leisten, besteht nicht (in vielen Fällen sind aber die Arbeitgeber bereit, diese Differenz zu übernehmen.

Nun zu ihrer eigentlichen Frage: Während den zehn Tagen Quarantäne sind die genau gleichen Arbeitsstunden anzurechnen, wie wenn der Arbeitnehmer gearbeitet hätte. Somit dürfen keine Minussstunden entstehen, die vom Arbeitnehmer nachzuholen sind. Das wäre auch nicht korrekt, denn der Arbeitgeberin entstehen während diesen zehn Tagen keine Lohnkosten.

Weitere Informationen finden Sie überdies hier: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/eo-msv/grundlagen-und-gesetze/eo-corona.html#324697687

Genügen Ihnen diese Auskünfte?

Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli

Sehr geehrter Herr Pärli

Vielen Dank für ihre ausführliche Antwort.

Meine Frage bezog sich auf Quarantäne ohne kantonsärztliche Verornung. In diesem Falle entstehen dem Arbeitgeber Lohnkosten, da er keinen Anspruch auf 80% des versicherten Lohnes hat.

Wie muss die Arbeitszeit während der Quarantäne in diesem Fall berechnet werden (wenn kein home office möglich ist)?

Mit Dank

J.P

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Pieper

Bei einer Quarantäne ohne kantonsärztliche Verordnung besteht kein Anspruch auf EO-Entschädigung. Die von ihnen genannte Person muss deshalb nicht in Quarantäne.

Ob ein Anspruch auf Lohnfortzahlung durch die Arbeitgeberin besteht, ist unklar. Nach Art. 324a OR besteht ein Anspruch dann, wenn eine unverschuldete Arbeitsverhinderung vorliegt. Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.

Bei Selbstquarantäne entfällt der Grund "Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht". Auch eine Krankheit liegt nicht vor. Die Aufzählung der Gründe in Art .324a OR ist allerdings nicht abschliessend (... aus Gründen, die in seiner Person liegen wie...).  Solche Gründe könnten z.B. bei einer Person vorliegen, die sich aus nachvollziehbaren und objektiven Gründen besonders vor eine Ansteckung fürchtet.  Fehlt es an solchen Gründen, ist die Arbeitgeberin nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Wenn der Arbeitnehmer ohne Vorliegen solcher besonderer Gründe der Arbeit fernbleibt, hat er auch keinen Anspruch auf Lohn. Die entsprechenden Minusstunden während der Selbstquarantäne müssen nachgeholt werden oder aber es muss ein Lohnabzug in Kauf genommen werden.

Unklar ist die Rechtslage, wenn das Kantonsarztamt überlastet war und nur deshalb keine kantonsärztliche Anordnung der Quarantäne erfolgte. Hierzu fehlt es an Rechtsprechung und auch an Lehrmeinungen dazu. Meines Erachtens müsste aber hier eine Lohnfortzahlungspflicht erfolgen, denn der betroffene Arbeitnehmer verhält sich mit Blick auf die Bekämpfung der Epidemie korrekt. Aber wie erwähnt, die Rechtslage hierzu ist alles andere als klar.

Kurz und gut: Angesichts der unsicheren Rechtslage empfiehlt sich im Fall der Selbstquarantäne in einem Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Lösung zu finden, mit der beide Parteien leben können (z.B. ein Teil der Fehlzeiten als Minusstunden, der andere Teil zu Lasten der ARbeitgeberin).

Genügen Ihnen diese Auskünfte?

Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli